Lisette wurde aus ihren Erinnerungen gerissen, als ihre beiden Adoptivkinder Lucia und Hroar hereinstürmten. Laut und hastig verschlangen sie ihr Frühstück und schimpften über die Schule. Ihr Haus in Rifton namens Honigheim wurde langsam eng für die ganze Familie.
Der Platz hatte noch gereicht, als Moritz Khajiit Offizier der Diebesgilde geworden war und den Anspruch auf das Haus geltend gemacht hatte. Seit Lisette und die Kinder zu ihm gezogen waren, schien alles irgendwie eng zu werden.
Die Aufträge liefen gut und sein Einkommen als Dieb wuchs. Lisette arbeitete weiterhin als Bardin und unterstützte das Familiengold. Sie liebäugelten mit dem Heljarchen-Anwesen in der Nähe Weisslaufs, mit einem grossen mehrstöckigen Haus und etwas Umschwung.
Die Kinder waren mit dem Frühstück fertig und rannten nach draussen. Im Haus wurde es angenehm ruhig, und der arme Moritz Khajiit setzte sich zu Lisette an den Tisch. Seufzend sackte er auf den Stuhl und liess erschöpft beide Arme fallen.
»Hast du alles, was du brauchst?«, fragte Lisette und reichte ihm einen Teller.
»Danke, ich denke schon.«
Er schenkte ihr frisches Quellwasser ein.
»Wie lange wirst du fortbleiben?«
»Von Rifton nach Einsamkeit? Sicher eine Woche, vermutlich sogar zwei.« Er schaute sie traurig an. »Ich vermisse dich jetzt schon.«
Sie lächelte ihm zu.
»Sei vorsichtig, die Leute sind verrückt wegen des Bürgerkrieges. Besonders die Sturmmäntel hetzen gegen alle, die nicht reine Nords sind, besonders gegen Khajiits, Argonier und Elfen.«
»Ich reise über Weisslauf nach Einsamkeit, das liegt alles im Gebiet der Kaiserlichen Armee«, beruhigte Moritz seine Frau. »Es sind auf jeden Fall zwei bis drei Tagesreisen nach Einsamkeit. Ich werde die Kutsche nehmen.«
Lisette lachte kurz auf. Ein Lachen, das Moritz in der nächsten Woche vermissen würde. Er schaute sie verblüfft an.
»Du und der Kutscher, ihr seid wie Feuer und Wasser«, sagte sie, immer noch ein wenig schmunzelnd.
»Was soll ich denn machen? Ständig flucht dieser Nord über mich, wenn er mich sieht«, entschuldigte sich Moritz Khajiit. »Einmal rannte er sogar davon, als er mich sah.«
Lisette stand auf, räumte die Teller ab und zupfte Moritz neckend am Ohr. »Du bist selbst schuld daran. Wieso feilschst du immer über den Fahrpreis mit ihm?«
»Das gehört dazu. Ich bin ein ehrenwerter Dieb. Ich bin der arme Moritz Khajiit, ich muss über den Preis verhandeln.«
»Aber sicher doch, du armer, armer, ach so armer Moritz Khajiit. Du machst deinem Spitznamen alle Ehre. Ich habe Mitleid mit dir, falls ich Zeit habe«, zwinkerte sie ihm zu.
»Was kann ich dafür, wenn die Leute mich so nennen? Das Mitleid der Bürger hat mir damals in den Gossen von Rifton geholfen.«
»Heute nicht mehr«, fiel sie ihm ins Wort. »Du warst in Elsweyr ein ehrenwerter Erzmagier bevor du nach Himmelsrand kamst. Die Kutscher haben es nicht leicht, besonders jetzt, im Krieg. Auch sie müssen über die Runden kommen. Versprich mir bitte, dass du nett zu ihm bist, ja?«
Sie kraulte ihn am Nacken, da konnte er nicht widersprechen. »Also gut, mein Schatz, ich werde nett sein zum Kutscher.«
»Kennst du überhaupt seinen Namen?«, fragte sie.
»Ich glaube, er heisst Bjorlam«, antwortete Moritz verlegen. «Genau, Bjorlam, der Kutscher.»
Er nahm seine Sachen, gab Lisette einen langen, innigen Abschiedskuss und machte sich auf den Weg.